30.9.09

Der Billy-Entwerfer und sein Möbel


Das Bücherregal, in dem unter anderem einst Helmut Schmidts seine Aktenordner aufbewahrte wird 30 Jahre alt. Als Kanzler Schmidt 1982 Ikea auf der Suche nach Bücherregalen besuchte, war das dem "Hamburger Abendblatt" sogar einen Artikel wert. Fünf breite und drei schmale "Billys" habe sich Schmidt gegönnt, schrieb das "Abendblatt". Wer das Regal aufbaute, wurde nicht überliefert.

Jetzt zum Geburtstag seines Entwurfs erinnert sich der Designer Gillis Lundgren an die Anfänge: "Ich habe die ersten Skizzen auf einer Serviette gemacht. Das war damals durchaus üblich. Denn Ideen sind sehr flüchtig und man muss sie festhalten in dem Moment, wenn sie einem gerade einfallen″, erklärt der Gestalter, der als 4. Angestellte zu Ikea kam und seine Designphilosophie wie folgt erklärt: „Letztendlich ist mein Design für viele Menschen bestimmt, unabhängig von ihrem Alter, egal in welcher Lebenssituation sie sich befinden. Ich will Lösungen für den Alltag schaffen, für die Bedürfnisse der Menschen. Alle meine Produkte sind einfach, praktisch und zeitlos. Sie sollen einfach passen."


Für viele Jahre war Gillis Lundgren einer der engsten Mitarbeiter von Ikea-Gründer Ingvar Kamprad. Heute ist er 80 Jahre alt und zeitweise noch als Berater für IKEA tätig. Wenn er auf sein Leben als Möbeldesigner zurückblickt, erfüllt es ihn mit einer großen Zufriedenheit. „Ingvar philosophierte und ich zeichnete, und so sind viele gute Sachen entstanden. So wie Billy″, sagt Lundgren. „Es macht mich besonders glücklich, dass es Billy jedermann möglich machte, eine eigene kleine Bibliothek aufzubauen. In den damaligen Zeiten waren in den meisten Haushalten ja Bücher sehr ungewöhnlich. Heute hat jeder Bücher, und so sollte es ja auch sein.″


Zur Konstruktion erklärt er: „Wenn man ein Möbel zum Lagern von Dingen entwickelt, was ein Bücherregal ja nun mal ist, ist eines entscheidender als alles andere: seine Funktion. Natürlich ist ein Bücherregal zum Aufbewahren von Büchern gedacht. So einfach ist das. Das bedeutet, dass man es exakt so konstruieren muss, dass möglichst viele Bücher hineinpassen. Aber es ist auch wichtig, dass die Fachböden das hohe Gewicht aushalten und sich nicht nach kurzer Zeit durchbiegen. Erst nachdem diese Funktion gesichert war, haben wir ein System entwickelt, das möglichst flexibel und vielseitig war." Schließlich habe nicht jeder den gleichen Platz, manche haben sehr wenig, manche viel mehr. Aber mit seinen verschiedenen Höhen, unterschiedlichen Breiten, Holzarten oder Farben passt Billy sich gut an.


Als wir daran gingen, Billy zu entwickeln, wollten wir ein Bücherregal machen, das, wie soll ich sagen, unauffällig in der Form ist, und trotzdem attraktiv und zeitlos. Ein Bücherregal ist ein Stück Möbel, was Sie meistens später ergänzen wollen, wenn der Platz darin nicht ausreicht. Deshalb ist es wichtig, dass Sie wissen, man kann es jederzeit nachkaufen", so der Gestalter. Deswegen darf ein Bücherregal niemals unmodern werden.

Dem würde Altkanzler Schmidt eventuell zustimmen. "Ohne Billy bleibt ihr auf eurem Kiefernplunder sitzen", soll sich er prompt empört haben, als die Erfolgs-Serie 1991 durch das Regalsystem Kavaljer ersetzt wurde. Zwei Jahre dauerte die Billy-freie Phase bei Ikea an, dann gab das schwedische Möbelhaus dem Druck der enttäuschten und boykottbereiten Kunden nach. Das Kult-Regal kehrte zurück. Und heute, zum 30. Geburtstag, gibt es nicht nur generell eine größere Bandbreite, sondern auch einige Sondermodelle im Gelb-Blauen-Möbelhaus.



Foto: Ikea
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